1) Die generatio aequivoca als Sieg der höheren
über die niederen Ideen.
Wenn von den Erscheinungen des Willens auf den niedrigeren Stufen
seiner Objektivation, also im Unorganischen, mehrere unter einander in
Konflikt geraten, indem jede sich der vorhandenen Materie bemächtigen
will, so geht aus diesem Streit die Erscheinung einer höheren Idee
hervor, welche die vorhin dagewesenen unvollkommenen alle überwältigt,
jedoch so, dass sie das Wesen derselben auf eine untergeordnete Weise
bestehen lässt, indem sie ein Analogon davon in sich aufnimmt; welcher
Vorgang eben nur aus der Identität des erscheinenden Willens in allen
Ideen und aus seinem Streben zu immer höherer Objektivation begreiflich
ist. Die aus solchem Siege über mehrere niedere Ideen oder
Objektivationen des Willens hervorgehende vollkommenere gewinnt eben
dadurch, dass sie von jeder überwältigten ein höher potenziertes Analogon
in sich aufnimmt, einen ganz neuen Charakter; der Wille objektiviert
sich auf eine neue deutlichere Art; es entsteht, ursprünglich durch
generatio aequivoca, nachher durch Assimilation an den vorhandenen
Keim, organischer Saft, Pflanze, Tier, Mensch. Also aus
dem Streit niedrigerer Erscheinungen geht die höhere, sie alle verschlingende,
aber auch das Streben aller in höherem Grade verwirklichende
hervor. (
W. I, 172 fg.
N. 56.
H. 348.)
2) Die Leugnung der generatio aequivoca als Vorspiel
der Leugnung der Lebenskraft.
Der in neuester Zeit geführte Krieg gegen die
generatio aequivoca
mit seinem voreiligen Siegesgeschrei war das Vorspiel zum Ableugnen
der Lebenskraft, und diesem verwandt. (
W. II, 353.)
3) Ob noch jetzt generatio aequivoca Statt findet.
Der zeitliche Ursprung der Formen, der Gestalten, oder Spezies
aus der Materie ist nicht zu bezweifeln. Ob aber noch jetzt, da die
Wege zur Perpetuierung der Gestalten offen stehen und von der Natur
mit Grenzenloser Sorgfalt gesichert und erhalten werden, die
generatio
aequivoca Statt finde, ist allein durch die Erfahrung zu entscheiden;
zumal da das
natura nihil facit frustra, mit Hinweisung auf die
Wege der regelmäßigen Fortpflanzung, als Argument dagegen geltend
gemacht werden könnte. Doch ist die
generatio aequivoca auf sehr
niedrigen Stufen, der neuesten Einwendungen dagegen ungeachtet, sehr
wahrscheinlich. Überall wo Fäulnis entsteht, zeigen sich Schimmel,
Pilze und, im Flüssigen, Infusorien. Die jetzt beliebte Annahme, dass
Sporen und Eier zu den zahllosen Spezies aller jener Gattungen
überall in der Luft schweben und lange Jahre hindurch auf eine
günstige Gelegenheit warten, ist paradoxer, als die der
generatio
aequivoca. Fäulnis ist die Zersetzung eines organischen Körpers, zuerst
in seine näheren chemischen Bestandteile. Weil nun diese in allen
lebenden Wesen mehr oder weniger gleichartig sind; so kann, in solchem
Augenblick, der allgegenwärtige Wille zum Leben sich ihrer bemächtigen,
um jetzt, nach Maßgabe der Umstände, neue Wesen daraus zu erzeugen.
(
W. II, 352 fg.
P. II, 160.)
4) Wie die generatio aequivoca auf den oberen Stufen
des Tierreichs zu denken ist.
Die
generatio aequivoca lässt sich auf den oberen Stufen des Tierreichs
nicht mehr so denken, wie sie auf den alleruntersten sich uns
darstellt; nimmermehr kann die Gestalt des Löwen, des Wolfes, des
Elefanten, des Affen, oder gar des Menschen nach Art der Infusionstierchen,
der Entozoen und Epizoen entstanden sein und etwa geradezu
sich erhoben haben aus zusammengerinnendem, sonnebebrütetem Meeresschlamm,
oder Schleim, oder aus faulender organischer Masse; sondern
ihre Entstehung kann nur gedacht werden als
generatio in utero
heterogeneo, folglich so, dass aus dem Uterus, oder vielmehr dem Ei
eines besonders begünstigten tierischen Paares beim Zusammentreffen
aller günstigen Einflüsse ausnahmsweise nicht mehr seines Gleichen,
sondern die ihm zunächst verwandte, jedoch eine Stufe höher stehende
Gestalt hervorgegangen wäre; so dass dieses Paar, dieses Mal, nicht
ein bloßes Individuum, sondern eine Spezies erzeugt hätte. Vorgänge
dieser Art konnten natürlich erst eintreten, nachdem die alleruntersten
Tiere sich durch die gewöhnliche
generatio aequivoca aus organischer
Fäulnis, oder aus dem Zellengewebe lebender Pflanzen ans Licht emporgearbeitet
hatten als erste Vorboten der kommenden Tiergeschlechter.
(
P. II, 163 fg.)